Grundlinien einer normativ-ästhetischen Annäherung an die Dopingproblematik
Was ist eigentlich Sport?
Die Freilegung und philosophische Analyse naturwissenschaftlicher, soziologischer und rechtlicher Aporien im Problemfeld ›Doping‹ hat gezeigt, dass ein großer Teil der Dopingproblematiken auf systemisch bedingte Interessenkonflikte unterschiedlicher Agenten im modernen Sport sowie auf perspektivische Verzerrungen innerhalb der Wissenschaften, die sich des Problemfelds ›Doping‹ annehmen, zurückzuführen ist. Eine Problemstellung, die charakteristisch ist für moderne Gesellschaften. Hier sollen die Umrisse einer philosophischen Perspektive auf das Problemfeld ›Doping‹ etabliert werden: Es zeigt sich, dass der gegenwärtige Streit zwischen unterschiedlichen z. T. gegenläufigen Bewertungen der Dopingproblematik auch aufgrund des Mangels eines grundlegenden normativen Begriffs ›großen Sports‹ entsteht. Innerhalb der für das Problemfeld ›Doping‹ charakteristischen Debatten fehlt eine begriffliche Basis für einen zumeist nur gefühlten Gegensatz zwischen sinnvollen und sinnlosen Formen leistungssportlicher Leistungsmaximierung. Die Aporien im Problemfeld ›Doping‹ entstehen u.a. also auch, weil sowohl die konstitutive Wichtigkeit eines differenzierten Leistungsmaximierungsbegriffs für den Leistungssport als auch eine verzwickte Kofundiertheit des gegenwärtigen Leistungssports und des Dopings im Prinzip der Leistungsmaximierung nicht klar gesehen werden. Die Folge sind ein Mangel an Trennschärfe und daraus resultierende Ambivalenzen bei der Bewertung von Doping. Leistungsmaximierung kann sowohl innerhalb einer intrinsisch (Moral, Ästhetik) als auch einer extrinsisch motivierten Handlungslogik (Kommerz, Recht) betrieben werden. Der heutige Sportler sieht sich in eine komplex verflechtete Sportwelt eingebunden (Hyperinklusion), in der einerseits mit den Grundwerten des Sports wie Sauberkeit, Fairness etc. intrinsische moralische Ansprüche an ihn herangetragen werden, andererseits aber die extrinsisch motivierenden Faktoren von Markt und Recht massiven Impact auf seine sportliche Karriere ausüben. Für einen sinnvollen Begriff ›großen Sports‹ scheint sich jedoch ein intrinsischer, ästhetisch-moralischer Rationalitätstypus als konstitutiv zu erweisen.